Meldungen aus dem Bezirksverband Lüneburg/Stade
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„Man kann nur erahnen, was sie durchgemacht haben.“

Gedenken an Kinder von Zwangsarbeiterinnen in Jeddingen

Seit September erinnert auf dem Jeddinger Friedhof ein Gedenkstein an zwei verstorbene Kinder von Zwangsarbeiterinnen. 80 Jahre nach deren Tod werden nun die Namen von Victor Hrynzuk und Stephan Wröbel genannt. Ihre Mütter leisteten im Nationalsozialismus Zwangsarbeit auf Höfen in Jeddingen. 

Unter Zwangsarbeitenden wurde entsprechend der nationalsozialistischen Rassenideologie zwischen Menschen aus West- und Osteuropa unterschieden: Polen und Russen galten als „slawische Untermenschen“ und somit als „rassisch minderwertig“. Deshalb waren die Kinder Victor und Stephan nach ihrem Tod zunächst namenlos an einer Abfallgrube hinter den Friedhofsmauern verscharrt worden.

Im Rahmen einer Feierstunde wurde diese kleine Gedenkstätte nun eingeweiht. Unter den Gästen war auch der Zeitzeuge Oelfke, der sich noch gut an die namenlosen Gräber und die Abfallgrube erinnert.

Heinz Promann, ehemaliger Geschichtslehrer und Gemeindearchivar aus Scheeßel, hat viel zu diesem Thema recherchiert: „Oktober 1944 war eine andere Zeit. In Riekenbostel wurde eine sogenannte Verwahranstalt für Kinder von Polinnen und Ostarbeiterinnen eingerichtet. Schwangere und bereits geborene Kinder mussten hier untergebracht werden. Die Mütter durften ihre Kinder nur alle 14 Tage besuchen. Viele dieser Kinder starben nach wenigen Wochen. Die offizielle Todesursache lautet oft ‚Schlechtes Gedeihen‘, was auf bewusste Vernachlässigung, unzureichende Hygiene und Mangelernährung hindeutet.“

Während der Veranstaltung hielt Ortsvorsteher Charly Carstens eine Rede, in der er sagte: „Man kann nur erahnen, was sie durchgemacht haben. Wir können nur hoffen, dass sich die Geschichte nie wiederholt, und wollen den Kindern ein ehrenvolles Andenken bewahren.“ Auch Jan Effinger, der Bezirksgeschäftsführer des Volksbundes Lüneburg/Stade, war angereist. Er betonte, dass sich die Arbeit des Volksbundes nicht nur auf deutsche Kriegsgräber im Ausland konzentriert. „Versöhnung über den Gräbern, Arbeit für den Frieden lautet das Motto des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Und nur so funktioniert das: Indem wir uns für die Gräber aller Toten dieses Krieges einsetzen. Wenn wir hier heute die ‚Geschichts- und Erinnerungstafel Jeddingen‘ einweihen mit den Namen jener Kinder, denen ein unmenschliches Regime das Lebensrecht abgesprochen hatte, ist dies eine weiteres Signal der Versöhnungsbereitschaft und der Völkerverständigung. Dass diese Tafel hier auf dem Friedhof neben dem Ehrenmal für die Gefallenen der Weltkriege ihren Platz gefunden hat, geht auf die Einsicht zurück, dass auch diese Kinder Teil unserer Geschichte sind. Auch sie gehören zu ‚unseren Toten‘. Diese Erinnerung hilft dem Volksbund auch bei seiner Arbeit im Ausland. Darum stehe ich heute hier.“