Meldungen aus dem Bezirksverband Lüneburg/Stade
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Tafel in Lüdingen erinnert an verstorbene Kinder von Zwangsarbeiterinnen

und stellt neben den Gräbern ab sofort eine Informationsquelle für Besucher dar


An das Schicksal der verstorbenen Kinder Halla Nikolawa, Bartja Racsorowska und Waltraud Swerdjuk erinnert nun eine Geschichts- und Erinnerungstafel auf dem Lüdinger Friedhof. Sie wurden während des Zweiten Weltkrieges als Kinder sogenannter Ostarbeiterinnen geboren. Ihre Mütter, ukrainischer Herkunft aus der ehemaligen UdSSR, mussten auf Lüdinger Höfen Zwangsarbeit in der Landwirtschaft leisten.

Visselhövedes Bürgermeister André Lüdemann, Jan Effinger als Geschäftsführer des Bezirksverbandes Lüneburg/Stade des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, Michael Drews vom Bau- und Umweltamt Visselhövede und Heinz Promann, ehemaliger Berufsschullehrer an der BBS Rotenburg, weihten die Tafel sowie die drei neu hergerichtete Gräber am 27. Januar ein. Das Datum, der internationale Holocaust-Gedenktag, wurde bewusst gewählt.

Recherchen von Promann, der auch als Gemeindearchivar in Scheeßel tätig ist, hatten das Schicksal der verstorbenen Kinder aufgedeckt. „Diese Kinder wurden in die Kinderverwahranstalt Riekenbostel gebracht und dort zu Tode gepflegt, man wollte die Arbeitskraft der Frauen weiter nutzen“, erläutert Promann. Bis zu 30 Kinder waren in der Anstalt untergebracht. Sie konnten von ihren Müttern nicht versorgt werden da diese sie nur alle 14 Tage besuchen durften. Keines von ihnen wurde auch nur ein Jahr alt – sie starben durch bewusste Vernachlässigung, unzureichende Hygiene, Mangelernährung und Kälte in den kaum beheizten Räumen. „Es waren drei Kinder, die ohne den Zweiten Weltkrieg und den Nationalsozialismus keine Opfer gewesen wären“, so Promann.

Obwohl die drei nach ihrem Tod auf dem Lüdinger Friedhof begraben wurden entspricht die jetzige Lage der neu hergerichteten Gräber nicht exakt dem ursprünglichen Standort. Erst nach einem Ministerialerlass aus dem Jahr 1966 wurden Kindergräber als Kriegsgräber anerkannt. Dennoch wurden die ursprünglichen Gräber in den 70er-Jahren eingeebnet – wahrscheinlich aus Unkenntnis. „Es gibt alte Unterlagen, auf denen die Gräber eingezeichnet sind“, fand Archivar Promann während seiner Recherche raus. Nach einem Beschluss der Stadt Visselhövede wurden die Gräber nun in etwa an der ursprünglichen Stelle wieder angelegt. Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge unterstützte das Projekt. Nach der entsprechenden Beantragung werden diese Kindergräber nun auch offiziell in der Kriegsgräberliste aufgeführt.

„Wir begreifen unsere Arbeit vor allem auch als Bildungsarbeit“, sagt Bezirksgeschäftsführer Effinger. So stellt die neue Erinnerungstafel neben den Gräbern ab sofort eine Informationsquelle für Besucher dar. „Es geht auch darum, zu vermitteln, dass der Zweite Weltkrieg nicht weit entfernt, sondern direkt hier stattgefunden hat“, so Effinger weiter. Die Säuglinge seien Opfer der damaligen Ideologie geworden, sie waren unerwünscht, da sie als Kinder der Zwangsarbeiterinnen auf die Welt kamen. Die Gedenktafel sei ein weiteres Mosaiksteinchen in dem Bemühen, bewusster mit der eigenen Geschichte umzugehen.

Einen ausführlichen Artikel finden Sie in der Kreiszeitung.